Nachlassabwicklung für Non-Profit Organisationen am Beispiel einer Immobilie im Nachlass & Checkliste für erste Schritte.

Gastbeitrag von Frau Karla Friedemann / erbagentur.de

Für Non-Profit-Organisationen (NPO, gemeinnützige Stiftungen, Organisationen & Vereine) sind Erbschaften ausgesprochen willkommen, um zusätzliche Projekte durchführen zu können oder bestehende Vorhaben umfangreicher oder schneller umzusetzen. Doch sind innerhalb der NPO auch die Voraussetzungen gegeben, Erbschaften professionell und zeitnah abzuwickeln? Sind die Risiken hinreichend bekannt?

Einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zufolge werden die Bundesbürger zwischen 2015 und 2024 rund 3,1 Billionen Euro vererben. Kein Wunder, dass immer mehr gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Organisationen das Erbschaftsmarketing für sich entdecken und sich Fundraiser speziell auf diesem Gebiet ausbilden lassen. Kommt es zum Erbfall, stehen vor allem kleinere Organisationen vor einer enormen Herausforderung, da sie nur selten über speziell für die Nachlassabwicklung ausgebildetes Personal verfügen.

Sie erhalten Post vom Nachlassgericht

Liegt eine testamentarische Verfügung eines Erblassers vor, wird diese durch das Nachlassgericht eröffnet und das Eröffnungsprotokoll nebst dem/ den letztwilligen Verfügungen an die Beteiligten übersandt. Zunächst ist zu prüfen, ob die Organisation mit einem Vermächtnis bedacht wurde oder eine Erb- bzw. Miterbeneinsetzung erfolgte.

Das Vermächtnis:

  • Dem Vermächtnisnehmer wurde ein Vermögensvorteil durch das Vermächtnis eingeräumt, d. h. er haftet z. B. nicht für die Schulden des Erblassers.
  • Der Vermächtnisnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber den Erben. Dieser Anspruch verjährt nach drei Jahren.

Die Erbschaft:

Erben treten mit allen Rechten und Pflichten die Rechtsnachfolge des Erblassers an und:

  • erhalten das gesamte Vermögen,
  • übernehmen Schulden,
  • treten in laufende Verträge ein,
  • können mit Auflagen belastet werden,
  • haben Verantwortung für Tiere etc.,
  • haften.

Bei der Erbeinsetzung ist innerhalb einer sechswöchigen Frist zu prüfen, ob die Erbschaft werthaltig ist. Verstreicht die Sechswochenfrist, ohne dass die Erbschaft ausgeschlagen wird, gilt die Erbschaft als angenommen.

Die Ausschlagung einer Erbschaft erfolgt vor dem Nachlassgericht oder aufgrund einer Erklärung vor einem Notar. Eine privatschriftliche Mitteilung an das Nachlassgericht reicht nicht aus.

Aber wie erlange ich Informationen zur Werthaltigkeit des Nachlasses und wer in der NPO ist überhaupt zeitlich und auch inhaltlich befähigt und ausgebildet, die ersten Schritte einzuleiten?

Hat sich die NPO dazu entschlossen, das Erbe anzunehmen, geht die Arbeit erst richtig los:

Sechs Wochen sind ein sehr kurzer Zeitraum, um zu ermitteln, wo sich die Wohnungsschlüssel befinden, den Nachlass zu besichtigen, Kontakt zu Banken aufzunehmen (die in der Regel öffentlich beglaubigte Urkunden zum Nachweis des Auskunftsersuchens anfordern) und vieles mehr.

Die Nachlassgerichte sind nicht verpflichtet, Auskunft über bekannte Informationen zu geben, beispielsweise ob ein Betreuer eingesetzt war. Sie erteilen jedoch diese Auskunft in den meisten Fällen – überwiegend schriftlich oder bei einem persönlichen Termin. War ein Betreuer bestellt, kann dieser Auskunft über die Werthaltigkeit des Nachlasses geben.

Auch kann beim Grundbucharchiv/Eigentümerkartei angefragt werden, ob auf den Namen des Erblassers Grundbesitz verzeichnet ist. Diese Auskunft wird oftmals rasch erteilt.

Bereits bei der Bewältigung der ersten Schritte zeigt sich, dass ein erheblicher Zeitaufwand und teilweise detektivisches Gespür von Nöten sind.

Die Nachlassabwicklung lässt sich selten nebenbei und aus der Ferne erledigen. Sterbeurkunde, Erbschein und andere wichtige Papiere müssen schnellstmöglich eingeholt werden. Der Nachlass muss gesichtet, Wertgegenstände müssen gesichert werden.

Erstbesichtigung der Wohnung des Erblassers

Ausgestattet mit Einweghandschuhen, Staubmaske, Mülltüten, Fotoapparat und mindestens einer zweiten Person findet die Wohnungsbesichtigung bei dem Erblasser oder der Erblasserin statt. Hier gilt es, Personenstandurkunden, Wertpapiere, Sparbücher, Kontoauszüge, Kfz-Brief, Schmuck, Münz-Sammlungen, Schließfachschlüssel und vieles mehr zu sichern, verderbliche Ware zu entsorgen, den Kühlschrank zu leeren und abzutauen. Was befindet sich noch im Haushalt? Meißner-Porzellan, Gemälde, hochwertige Möbel, ein Klavier? All diese Gegenstände werden fotografisch erfasst, um so die weitere Recherche bezüglich der Werthaltigkeit durchführen zu können.

Vergessen Sie nicht den Blick unter die Matratze und in die Kaffeedose oder andere Gefäße. Blättern Sie Bücher durch und prüfen Sie auch die Kleiderschränke und Jackentaschen etc. auf Bargeld.

Der Briefkasten muss geleert und verschlossen werden, damit keine weitere Post eingeworfen werden kann. Ein Nachsendeauftrag sollte umgehend gestellt werden. Aus der Post ergeben sich viele Hinweise auf Bankverbindungen, Verbindlichkeiten, Krankenversicherung, Wohnkosten, Versorgungsunternehmen etc.

Gibt es eine Garage? Fahrzeuge? Wo sind die Schlüssel und Papiere? Notieren Sie den Kilometerstand als Information für einen potentiellen Käufer.

Neugierige Nachbarn sollten keine Einsicht in den zu entsorgenden Hausrat bekommen. Wichtig ist auch, dass mit dem Räumer besprochen wird, wie die Räumung der Wohnung erfolgen soll. Einen Container aufzustellen, in dem alle Gegenstände entsorgt werden, mag die kostengünstigere, sicherlich aber nicht die nachhaltigste Methode einer Räumung sein. Besprechen Sie die Räumung im Detail. Das ist nicht nur eine Frage der Pietät, sondern verhindert auch, dass sich durch Beobachtungen von Nachbarn Gerüchte verbreiten, die der NPO schaden könnten. Holen Sie mindestens zwei, besser drei Angebote ein.

Und wie verhält man sich richtig, wenn sich im Nachlass eine Waffe befindet, was nicht selten der Fall ist?

Bitte melden Sie einen Waffenfund sofort der nächsten Polizeidienststelle und stimmen Sie das weitere Vorgehen mit dieser ab.

Wichtig auch:

Finden Sie ein weiteres Testament des Erblassers, muss dieses unverzüglich beim Nachlassgericht vorgelegt werden! Bei einem Verstoß gegen die Ablieferungspflicht machen Sie sich eines strafrechtlichen Vergehens schuldig.

Gibt es Pflichtteilsberechtigte, die ihren Pflichtteil geltend machen, müssen deren Ansprüche geprüft, abgewehrt oder befriedigt werden. Spätestens an dieser Stelle sollte der Rat eines Fachanwalts oder einer Fachanwältin für Erbrecht eingeholt werden, da eine Vielzahl von Vorschriften beachtet werden muss.

Jeder Nachlass ist anders und erfordert nicht nur eine gründliche, sondern auch individuelle Herangehensweise.

Immobilie im Nachlass – Erste Schritte:

Bei einer Erbschaft tritt die Organisation in die Fußstapfen des Erblassers. Das bedeutet, dass auch sämtliche Pflichten übernommen werden müssen, die dem Erblasser oblagen.

Beispiel:

Sie erben ein freistehendes Einfamilienhaus. Der Winter steht vor der Tür. Hier besteht dringender Handlungsbedarf sowohl zum Erhalt der Immobilie als auch bezüglich der Verkehrssicherungspflichten:

  • Rohre könnten einfrieren und einen erheblichen Sachschaden verursachen. Daher sind sie vor dem Frosteinbruch zu entleeren und das Wasser abzustellen.
  • Das Haus sollte auch bei Leerstand im Winter gering beheizt werden. Hier reicht es nicht, die Heizungen anzustellen und ggf. zu entlüften. Es muss geprüft und überwacht werden, ob die Energiezufuhr gewährleistet ist (Stichwort: Genug Öl im Tank?).
  • Das Haus sollte vor Einbruch und Vandalismus ausreichend geschützt sein.
  • Zur Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten muss geklärt werden, ob eine Räum- und Streupflicht besteht. Ist der Winter erst einmal hereingebrochen, sind Dienstleister oftmals bereits ausgelastet. Aufschlussreich ist hier ein Gespräch mit den Nachbarn.
  • Ist die Immobilie ausreichend versichert? Auf jeden Fall muss der Leerstand des Hauses der Gebäudeversicherung gemeldet werden.

Erbschaften schaffen neue finanzielle Spielräume, sind aber auch mit einem hohen Arbeitsaufwand und Risiken verbunden. Wenn Ihre Organisation noch keine Erfahrung mit der Abwicklung von Nachlässen hat, sollten Sie die Abwicklung in erfahrene Hände legen.

Damit vermeiden sie Wertverlust und Haftungsfälle und können sich auf Ihre eigentliche Arbeit konzentrieren – ganz im Sinne des Erblassers. Die Kosten hierfür werden aus dem Nachlass beglichen.

Sie haben Fragen zur Nachlassabwicklung oder einen konkreten Fall und benötigen Unterstützung?
Gerne stehen wir Ihnen mit Rat & Tat zur Seite.

Karla Friedemann
Agentur für Erben
& Stiftungen, Organisationen, Vereine

erbagentur.de


Florentine Heine-Mattern
Fachanwältin für Erbrecht. hmp – Erbrecht, Steuerrecht, Wirtschafts­prüfung

heine-mattern.de


© Foto: Karla Friedemann / erbagentur.de

  1. Manuela Straus sagt:

    Hallo, ich habe Ihren Blog mit größter Aufmerksamkeit gelesen und habe sehr viele wirklich wichtige Dinge zum Thema Erbschaft und Vermächtnis einer Non-Profit-Organisation gelernt.
    Vielen Dank
    Manu

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